Stockholm 2003
Nach letzten Wortgefechten zwischen Stef und Frau Keller vom Reisebüro war auch unsere Tschechentruppe vollständig und es konnte losgehen:
17 Flying Hoppers sind mit nicht weniger als 5 verschiedenen Flugzeugen nach Stockholm geflogen, um Toni, Annika und Klein-Oliver einen Besuch abzustatten. Aber vorher war da noch das kleine Malheur beim einchecken der Gruppe 1 in Kloten: Nicht so sehr der Bombenalarm, sondern vielmehr Walters Pass sorgte für die erste Story: In ein Land wie Schweden einreisen zu wollen mit abgelaufenem Pass erwies sich als unmöglich. Nachdem wir die Sache vertrauensvoll der Grenzpolizei übergeben hatten, ging das grosse Warten und Spekulieren los, ob es die Schweizer Bürokratie wohl schaffen wird, innert 30 Minuten einen neuen Pass auszustellen. Es hat gereicht, allerdings knapp. So war es kein Wunder, dass wir auch ohne Peter (ist noch am recherchieren für den Australien-Bericht) die letzten waren, die an Bord gingen.
Nach der Landung stand für einmal nicht Brunos gelber Koffer, sondern eine gelbe Goalitasche im Mittelpunkt. Vielmehr stand diese noch in Zürich und war wahrscheinlich Auslöser für den zweiten Bombenalarm des Tages. Wir unsererseits glaubten zuerst an einen russischen Tauschhandel (du mirr geben gelbe Tasch ich dirr geben gültiges Passaporrt), allerdings nur bis das besagte Utensil am nächsten Tag im Hotel aufgetaucht ist.
Nichtsdestotrotz haben wir schnell unsere Sachen untergebracht (schnell ist zwar leicht übertrieben in der Stockholmer Rush-hour am Freitag abend) und Pe und Jumbo für erste Erkundigungen der Umgebung abgeholt. Die Freude nach über 3 Monaten Dürre in der Schweiz wich schnell einem unmutigen: „schitt es regnet, brr ist das kalt“. Tatsächlich sah es am ersten Tag so aus, als würde es drei Tage lang ununterbrochen regnen.
Ergänzt durch Sacha und Kerry gings deshalb ab ins Warme. Unser Aperostopp ähnelte einem altem Bahnhofsgebäude mit riesigen Kronleuchtern und modernem Anbau. Tolle Atmosphäre, ganz und gar relaxed diese Schweden, trotz der doch eher hohen Bierpreise. Danach gediegenes Nachtessen im Stadshuset, wo das alljährliche Nobelpreisdinner stattfindet. Da hatten wir beim zweiten Apero erstmals Gelegenheit, uns an des eher schroffe „he“ der Schweden zu gewöhnen. Was ist jetzt los? Hat jemand etwas gestohlen? Sind wir under-, over- oder gar undressed? Nein; „he“ heisst dasselbe wie unser auch nicht wirklich salonfähiges „grüezi“, nämlich ganz einfach „hallo“ bzw. „willkommen“. Da wir beinahe die einzigen Gäste waren, wurden wir entsprechend umsorgt und konnten das erste schwedische Dinner so richtig geniessen.
Zurück im Hotel begaben wir uns erstmals an unsere legendäre Hotelbar, wo der Rest der Truppe zu uns stiess. Drittklassiger Starpianist, Roulette- und Blackjacktisch... was wollen wir noch mehr, zumal wir nun alle vereint waren.
Wer am nächsten Morgen rechtzeitig aufstehen wollte bzw. konnte, wurde mit einer Stadtrundfahrt mit dem Namen „under the bridges“ auf einigen der zahlreich vorhandenen Wasserstrassen inkl. Auszug über die Stockholmer Geschichte belohnt. Entgegen ersten wohl etwas voreiligen Prognosen unsererseits war das Wetter schlicht perfekt.
Nachmittags um 15h hatten wir dann den ersten Hockeymatch gegen Tonis Mannschaftskollegen. Warum der Gegner nach der ersten Halbzeit bereits mit 4:0 führte, hatte diverse Gründe: Der gesandete Kunstrasen führte bei uns zu lähmenden Koordinationsstörungen, während der Gegner immer wieder wieselflink vorcheckte und sozusagen jede Tor-Chance souverän verwertete. Zudem war unsere neue Einspieltaktik „1 Ball für 13 Spieler“ (Coen?) wohl doch nicht so das wahre. Des weiteren hat uns Toni als eine Art „Selection Best of Switzerland“ angekündigt, sodass beim Gegner übermässige Kräfte entfesselt wurden. In der zweiten Halbzeit konnten wir immerhin mit ächzen und würgen zwei Tore verbuchen, während der Gegner munter weiterskorte. Bei 2:5 aus unserer Sicht haben wir dann auch aufgehört zu zählen.
Nach über zwei stündigem Lamentieren über Spiel-Strategie und Schuhbinde-Technik setzten die Flying Hoppers generalstabsmässig zur Revanche an: wir spielten nochmals gegen dieselbe Mannschaft, welche diesmal allerdings mit drei Mädels verstärkt antrat, was unsere Chance rein theoretisch erhöhen sollte. Nach der ersten Halbzeit stand es jedoch nur wackelige 3:3 und wir waren der Verzweiflung nahe. Wir MUSSTEN dieses zweite Spiel ganz einfach gewinnen, nur schon um Sacha bei Laune zu halten und überhaupt ging es da langsam um unsere Ehre. Wir rauften uns zusammen, gaben nochmals alles und plötzlich spielten wir so, wie wir es gewohnt sind; nämlich saugut. Der pakistanische Joker der Gegner verlor sich entsprechend in Frustrationen und traf eher die Schienbeine unserer Spieler als das Tor. Endresultat 6:3 für uns.
Hochzufrieden machten wir uns über das Barbecue her. Dabei haben wir festgestellt, dass ein schwedischer Grill nur etwa halb so heiss sein muss wie beispielsweise ein südafrikanischer (vgl. Reisebericht Go South 1999). Da es auch sonst ziemlich kalt war, verabschiedeten wir uns kurz vor elf Uhr Abends von unseren Gastgebern. Diese hatten übrigens grosse Freude an unseren Geschenken zu ihrem 30jährigen Club-Jubiläum (hunderte von Shoe-Bags filled with beer).
Nach einem Zwischenstop im Restaurant Mosebacken (bauschänzlimässiges In-Lokal, jedoch leider immer noch zu windig und kalt) und einer untermittelmässigen Pizzeria landeten wir schlussendlich irgendwie automatisch wieder alle in unserer mittlerweile auf den Namen „Fellini“ getauften Hotelbar. Es jaulte wieder derselbe Pianist, umgeben von derselben euphorischen Fan-Gemeinde. Der Rest der Gäste spielte entweder Blackjack oder einfach seine ganz persönliche Rolle. Jeder war auf einem eigenen Trip und trotzdem schienen sich alle irgendwie zu kennen. Uns schien es jedenfalls wie ein eigens für uns inszeniertes, irreal anmutendes Schauspiel.
Für Flying Hoppers internes Gelächter sorgte der Lokal-Fotograf (nein, nicht unser Profi Reinhard), der mit chirurgischer Genauigkeit Willi geköpft und Walter halbiert hat (s. Picture-Gallery). Langsam wurde es zu voll und uns zu blöd, sodass wir uns nach und nach in die Hotelzimmer verzogen. Sogar im Hotel-Lift hatte es noch einen Fellini-Statisten, der laut schimpfend davon gerannt ist, nachdem wir ihn dreimal beim Rauchen gestört hatten.
Am nächsten Morgen begaben wir uns bei strahlendem Sonnenschein auf die wiederum auf den Wasserstrassen Stockholms stattfindende „Schärenrundfahrt“, wo wir ausgiebig über die Geschichte des Alkohols in Schweden und wohl auch noch einiges anderes informiert wurden. Die der Stadt vorgelagerten Inseln mit bunten, sich auf sanft abfallenden Felsen befindlichen Ferienhäuschen waren die Sache wert.
Da Sacha und Kerry als einzige noch unser ursprüngliches Arrangement gebucht hatten (anderes Hotel, Rückflug einen Tag früher, dafür mit Swiss anstatt mit SAS), war es Zeit, diese beiden zu verabschieden (Frau Keller hatte ihnen streng verboten, noch etwas an der Buchung zu ändern).
Als nächstes stand das Vasa-Museum auf dem Plan, wo das 1628 gebaute, nach nur 1.8km Fahrt im Hafen von Stockholm gesunkene und erst 1961 geborgene, 69 Meter lange und aus sage und schreibe 95% Originalteilen bestehende Kriegsschiff Vasa ausgestellt war. Dass Vasa auch etwas anderes als Knäckebrot sein kann, wurde uns so eindrücklich vor Augen geführt.
Den Rest der Truppe trafen wir in einem in schwimmenden Restaurant, von wo aus wir uns nach ein paar amüsanten Club-Anekdoten zum Nachtessen begaben: Inmitten der Stadt im Grünen, entlang an Gemüsegärten gings zu Fuss ins „Skippers Inn“, einem idyllischen Restaurant am Wasser, wo wir tatsächlich schon wieder fast die einzigen Gäste waren. Wegen der Alkoholpreise (1 Bier für Sfr. 10.--) gehen die Schweden nicht allzu oft auswärts essen, sondern betrinken sich lieber im stillen Kämmerlein, wie uns von Insidern vertraulich mitgeteilt wurde.
Obwohl wir uns irgendwie in the middle of nowhere wähnten, waren die Taxis schnell da und wir fuhren zurück ins Hotel. Fassungslos standen wir vor unserer Fellini-Bar: Sonntag geschlossen. Die einen gingen draufhin sofort ins Bett, die anderen nach einem kurzen Abstecher in eine benachbarte Bar ebenfalls.
Zurück in die Schweiz gings mit 6 Flugzeugen verteilt auf drei Tage und einer Abschlussstory: Willi als Master of Disaster brachte es fertig, seinen ganzen Schlüsselbund innerhalb eines Bruchteils von weniger als 10 Sekunden zu verlieren: Befindet sich nun irgendwo im Bauch der Gepäck-Röntgenmaschine am Stockholmer Flughafen und wird allenfalls beim nächsten Service wieder gefunden. Kann passieren um 6h morgens.
Fazit: Es war einmal mehr eine tolle Reise; herzlichen Dank an Stefan, Toni, Annika und Oliver für die unermüdliche Organisation im Vorfeld und liebevolle Betreuung vor Ort. Wir freuen uns bereits heute auf das Abenteuer Hong-Kong 04.